Vortrag beim 3. Vibrometer-Seminar der Polytec GmbH in Waldbronn:
Schwingungsmessung an mikromechanischen Bauelementen
M. Freygang, T. Fabula
Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V.
Villingen-Schwenningen.
Das Institut für Mikro- und Informationstechnik
Das Institut für Mikro- und Informationstechnik (IMIT) in Villingen-Schwenningen hat als Zielsetzung durch Informations- und Technologietransfer kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mit innovativen Produkten neue Marktchancen zu eröffnen. Das eigentliche Tätigkeitsfeld der zur Zeit 45 Mitarbeiter ist die Mikrosystemtechnik (MST).
In der MST sollen mit den Herstellungsverfahren (Silizium– und Dünnschichttechnologie) und -methoden (System-Entwurf und -Simulation, Verifikation und Validierung) der Mikroelektronik miniaturisierte Sensoren und Aktoren hergestellt und mit einer Elektronik zu Mikrosystemen integriert werden.
Schwingungsmessung in der Mikrosystemtechnik
In dem BMFT-Verbundprojekt Frequenzanaloge Sensoren wurden vielfältige optische Schwingungsmessungen an mikromechanischen Druck-, Kraft- und Strömungssensoren durchgeführt. Diese Sensoren bestehen in der Regel aus schwingungsfähigen Balken- oder Membranstrukturen, die elektrothermisch oder mit Hilfe von piezoelektrischen Dünnschichten zum Schwingen angeregt werden.
Durch Einwirken äußerer Meßgrößen, z.B. Druckbeaufschlagung bei Membranen, ändert sich in Folge von Spannungsversteifung des Resonators die Resonanzfrequenz des Schwingers. Diese Frequenzverschiebung kann detektiert werden und steht als frequenzanaloges Ausgangssignal des Sensors zur Verfügung.
Der Meßstand
Der Vibrometer-Meßstand am IMIT besteht im wesentlichen aus einem Laser-Doppler-Vibrometer des Typs Polytec “OFV 1102” und einem Spektrum-Analysator des Typs Hewlett-Packard “HP 3588A” und ist auf einem schwingungsgedämpften Tisch montiert.
Zur Justierung der sehr kleinen Bauteile (z.B. 28 * 500 μm²) ist ein steuerbarer xy-Tisch ebenso vorhanden, wie ein manuell verstellbarer Drehtisch. Der Lichtwellenleiter ist mit einem Kippversteller an einer in der Höhe verstellbaren Säule befestigt und mit zwei zueinander senkrechtstehenden Mikrometerverstellern kann der Laserstrahl auf den gewünschten Meßpunkt fokussiert werden.
Da die Fokussierung meist sehr schwierig ist und man mit dem Auge sehr nahe an den Laserstrahl muß, ist eine CCD-Kamera mit einem Zoom-Objektiv am Meßstand angebracht, die den Fokussierungsbereich auf einem Monitor abbildet.
Druck, Kraft und Strömung können über vielfältige, selbst konstruierte Halterungen dem Sensor zugeführt werden. Die Beaufschlagung der Bauelemente mit Temperatur läßt sich mittels eines steuerbaren Thermo-Chucks bewerkstelligen.
Für die elektrische Schwingungsanregung stehen außer des Ausgangs des Spektrum-Analysators, weitere Strom-Spannungsquellen, Funktions- und Pulsgeneratoren zur Verfügung. Für die mechanische Schwingungsanregung wird ein Rütteltisch benutzt.
Es wurden ebenfalls Versuche mit einer mechanischen Pulsanregung (Hammerschlag auf Metallhalterung) durchgeführt. Hierzu wurde das Ausgangssignal des Vibrometers in einem digitalen Speicheroszilloskop eingelesen um die Schwingungsdämpfung zu bestimmen. Dieses Zeitsignal kann dann software-mäßig in ein Frequenzsignal transformiert werden.
Frequenzanaloge Sensoren
Der piezoelektrische Effekt ist eine Eigenschaft hexagonaler Kristallstrukturen von entsprechenden Dünnschichten (z.B. AlN, ZnO). Bei den von uns verwendeten piezoelektrischen Dünnschichten aus gesputterten Zinkoxid (ZnO) äußert sich dieser Effekt bei Anlegen einer elektrischen Spannung an der Ober- und Unterseite der ZnO-Schicht in einer Längenänderung in der Längsachse der ZnO-Schicht.
Durch geeignete Strukturierung der piezoelektrischen Schichten auf der Membran oder den Balken lassen sich diese durch die Längenänderungen auslenken. Durch Ansteuerung mit einer Wechselspannung stellt sich dann eine Schwingung ein, die mit dem Laser-Vibrometer optisch abgetastet werden kann.
Die elektrische Abtastung des Signals hat sich als sehr schwierig erwiesen, deshalb war die optische Abtastung der mechanischen Schwingung zu Beginn der Entwicklungsphase der frequenzanalogen Sensoren die einzige Möglichkeit die Schwingungsformen und Resonanzfrequenzen nachzuweisen und quantitativ zu vermessen.
Entscheidend für die Qualität eines frequenzanalogen Sensors ist die Güte der Schwingungsresonanz, da diese auch die Auflösung des Sensorsystems beeinflußt. Des weiteren treten außer der Grundschwingung auch weitere Oberschwingungen des Resonators auf. Durch optische Abtastung der Resonatoren können die verschiedenen Schwingungsmoden detektiert und klassifiziert werden.
Für eine vollständige Modalanalyse fehlt jedoch die Phaseninformation. Erwünscht ist jedoch möglichst nur eine “reine” Schwingungsform (Unimodalität). Durch geeignete Konfiguration der Elektrodengeometrie soll möglichst eine Schwingungsmode selektiv angeregt werden.
Mithilfe von Finite-Element-Simulationen (FEM) wurde ein Elektroden-Layout entwickelt, das nur den Grundschwingungsmode (hier: Membran) anregen soll. Es wird gezeigt, daß mit diesem Design bestimmte Oberschwingungen vollständig unterdrückt werden. Am Beispiel einer Membran, die als Drucksensor eingesetzt werden kann, wird eine Frequenz-Druck-Kennlinie gezeigt. Die experimentellen Meßwerte werden mit FEM-Simulationen vergleichen.
Zusammenfassung
Am IMIT wurde ein Vibrometer-Meßstand für die Schwingungsmessung an mikromechanischen Bauelementen konzipiert und aufgebaut. Er erlaubt die Positionierung des Fokussierungspunktes auf 10 μm genau. Die mikromechanischen Sensoren können mit Druck, Kraft und Temperatur beaufschlagt werden. Schwingungen können sowohl mechanisch als auch elektrisch angeregt werden.
Hauptanwendungsgebiet dieses Meßstands ist die Untersuchung des dynamischen Verhaltens mikromechanischen Strukturen. Er eignet sich zum Nachweis des Schwingungsfähigkeit, zur Bestimmung von Schwingungsmoden, sowie zur Bestimmung der Resonanzlage und der Resonanzgüte. Mit dem Laser-Vibrometer wurde das Funktionsprinzip frequenzanaloger Sensoren nachgewiesen.
Laser-Vibrometrie
Grundlagen der Laser-Vibrometrie (Quelle: Polytec)