Verifikation
durch experimentelle Messtechniken
Schwingungsmessung in der Mikrosystemtechnik
In dem BMFT-Verbundprojekt Frequenzanaloge Sensoren (FASENS) wurden vielfältige optische Schwingungsmessungen an mikromechanischen Druck-, Kraft- und Strömungssensoren durchgeführt. Diese Sensoren bestehen in der Regel aus schwingungsfähigen Balken- oder Membranstrukturen, die elektrothermisch oder mit Hilfe von piezoelektrischen Dünnschichten (z.B. ZnO, AlN) zum Schwingen angeregt werden.
Durch Einwirken äußerer Messgrößen, z.B. Druckbeaufschlagung bei Membranen, ändert sich in Folge von Spannungsversteifung des Resonators die Resonanzfrequenz des Schwingers. Diese Frequenzverschiebung kann detektiert werden und steht als frequenzanaloges Ausgangssignal des Sensors zur Verfügung.
Experimenteller Messaufbau
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden experimentelle Messaufbauten zur messtechnischen Charakterisierung des statischen und dynamischen Verhaltens mikromechanischer Strukturen konzipiert und aufgebaut. Um den Entwicklungsprozess mikromechanisch gefertigter Mikroresonatoren im Rahmen des BMFT-Verbundprojektes auch messtechnisch unterstützen zu können, mussten insbesondere neben den passiven Eigenschaften (Resonanzfrequenz, Amplituden, Schwingungsgüten) der Mikroresonatoren aus Silizium, die Sensoreffekte und die Störeinflüsse, wie temperatur- oder technologisch bedingte Verspannungen, die bei Multilayer-Strukturen auftreten, untersucht werden.
Die experimentellen Daten dienten hierbei einerseits dazu um Rückschlüsse auf technologische Prozess-Schritte ziehen zu können, andererseits der Entwicklung geeigneter FE-Modelle und der messtechnischen Verifikation der numerischen Berechnungsergebnisse.
In Abbildung A ist der gesamte experimentelle Messaufbau zur Charakterisierung mikromechanischer Strukturen schematisch skizziert. Der gesamte Messplatz ist modular aufgebaut und im Rahmen verschiedener Praktikums- und Diplomarbeiten den Messaufgaben angepasst und erweitert worden. Der Messplatz besteht aus dem optischen Nachweisverfahren mittels eines Laser-Vibrometers, der mechanischen Druck- bzw. hier nicht dargestellten Kraftbeaufschlagung, einem ansteuerbaren Temperaturtisch und einem PC-Messwerterfassungssystem, das eine rechnergestützte Datenaufnahme und Datenspeicherung über standardisierte HP-IB Schnittstellen (IEEE488) ermöglicht {Mue92: Diplomarbeit Michael Müller 1992}.
Fremdanregung
Es mussten experimentelle Möglichkeiten geschaffen werden, die Mikrostrukturen ohne Dünnschichtsystem mit Hilfe von externen Energiequellen zum Schwingen anzuregen. Für den niederen Frequenzbereich bis etwa 20 kHz können kommerzielle elektromagnetische Schwingungserzeuger, wie beispielsweise der Miniatur-Schwingtisch von Brüel & Kjaer (Typ B&K-4809) verwendet werden. Mit Hilfe eines elektrischen Leistungsverstärkers (Typ B&K-2706) war es möglich bei Membranstrukturen auch relativ große dynamische Schwingungsamplituden von einigen Mikrometern zu erzeugen. Zur Anregung hochfrequenter Schwingungsmoden, insbesondere auch Resonatoren geringer Abmessungen (l = 2-3 mm), wurden Piezokeramiken (PZT) extern angebracht, um die Mikrostrukturen über Körperschall akustisch zum Schwingen anzuregen.
Hierbei war zu beachten, dass sowohl die Art der Sensorhalterung, als auch das Schwingungsverhalten der Piezokeramik selbst das Modenspektrum der mikromechanischen Resonatoren stark beeinflussen können. Es wurden schwingungsfähige Balken- und Membranstrukturen untersucht, die sowohl im Gesamtwafer als auch einzeln eingespannt waren. Hierbei zeigte sich, dass Messungen auf dem Gesamtwafer ungeeignet sind mikromechanische Strukturen quantitativ zu charakterisieren, da Schwingungsanteile der Piezokeramik, benachbarter Resonatoren und niederfrequente Wafer-Resonanzen sich im Spektrum überlagern und über nichtlineare Effekte Modenkopplungen hervorrufen. Im Rahmen der durchgeführten Vorversuche wurde festgestellt, dass mit Hilfe von handelsüblichen PZT-Keramiken eine breitbandige akustische Anregung der Mikrostrukturen bis einige hundert Kilohertz gewährleistet ist. Auf diese Weise konnten Resonanzfrequenzen und Schwingungsamplituden, sowie Oberwellenspektren mikromechanischer Strukturen vermessen werden.
Im Rahmen einer Diplomarbeit {Diplomarbeit Braxmaier 1992a} wurden die Auswirkungen der Anregung und der Resonator-Halterung auf das dynamische Verhalten von mikromechanischen Membranresonatoren weiter untersucht.
Die Siliziumsensoren wurden einerseits direkt auf die Piezokeramik geklebt, so dass eine ideal starre Kopplung realisiert wurde und damit eine optimale Energieübertragung gegeben war. Diese Methode wies allerdings den Nachteil auf, dass die Siliziumsensoren anschließend nicht mehr zerstörungsfrei von der Keramik gelöst werden konnten. Durch Konstruktion einer universellen Einspannhalterung für Balkenresonatoren {Diplomarbeit Braxmaier 92b} konnten verschiedene Kraftsensoren vermessen und der Einfluss der Einspannbedingung auf die Schwingungsgüte und getestet werden. Allerdings war bei dieser Art der Resonator-Fixierung darauf zu achten, dass die Massen- und Steifigkeitsverhältnisse der mechanischen Halterung und des Siliziumbalkens entsprechend groß gewählt sind, damit eine Überlagerung der Schwingungsmoden im Amplitudenspektrum nicht auftritt und eine genügend große Separation der Modenbeiträge erreicht wird.
Optisches Abtastsystem
Die Abtastung der Eigenfrequenzen und Schwingungsformen erfolgte interferometrisch mit einem kommerziellen Laser-Vibrometer POLYTEC OFV1102 HR unter Verwendung der Laser-Doppler-Technik (Pol91). Das Laser-Vibrometer besteht aus einem Mach-Zehnder-Interferometer und einer elektronischen Signalverarbeitung, wie in Abbildung A schematisch dargestellt.
Mit diesem Gerät ist es möglich Biegeschwingungen aus der Strukturebene heraus zu detektiert und unter Ausnutzung des Dopplereffektes die Geschwindigkeitsschnelle v(t) oder interferometrisch die Schwingungsamplitude A(t) zu vermessen.
Der Arbeitsfrequenzbereich des eingesetzten Laser-Vibrometers erstreckt sich von 0,1 Hz bis maximal 1 MHz. Die Messbereiche betragen bei der Vermessung von Geschwindigkeiten 10E-6 -10 m/s bei einer Auflösung von 0,5 µm/s und bei Amplituden 10E-9 -10E-2 m. Die Auflösung bei der Amplitudenmessung beträgt minimal 8 nm bedingt durch den Einsatz eines hochauflösenden Interferenzstreifenzählers. Eine genaue Funktionsbeschreibung des Laser-Vibrometers und seiner Betriebsmodi ist in {Sel88} und {Lew90} zu finden.
Das Ausgangssignal der Signalverarbeitung des Laser-Vibrometers wird wahlweise in ein Speicheroszilloskop oder in einen Spektrum-Analysator (HP3588A) eingespeißt. Zur Ermittlung der Absolut-Amplituden wird das Zeitsignal A(t) auf dem Oszilloskop herangezogen, während das in den Frequenzbereich transformierte Signal A(Ω) direkt vom Spektrum-Analysator ausgelesen und weiter verarbeitet werden kann. Hierzu wurde ein Mess- und Steuerprogramm (HPMESS.EXE) unter Turbo-Pascal 6.0 geschrieben und ein Konvertier- (TRANS.EXE), sowie ein Batchprogramm (HPLO.BAT) zur Dokumentation der aufgenommenen Spektren erstellt {Mue92: Diplomarbeit Michael Müller 1992}.
Die Justierung der Mikrostrukturen unter dem Laserstrahl kann mit Hilfe einer xy-Schrittmotorsteuerung erfolgen. Des weiteren wird der LWL-Messkopf mit Hilfe mechanischer Mikrometerschrauben. Zusätzlich besteht die Möglichkeit über mehrere Prober-Nadeln die zu vermessenden Strukturen elektrisch zu kontaktieren {Sch93a}. Der Gesamtaufbau des optischen Messplatzes erfolgte auf einem schwingungsgedämpften Tisch, um äußere Störeinflüsse, wie Lüftervibrationen, Trittgeräusche, usw. möglichst zu eliminieren.
Messgrößen-Einleitung
Zur Druckbeaufschlagung von Membranen ist ein spezieller Druck-Chuck konstruiert worden, der sowohl Überdrücke (bis etwa 5 bar) mit Hilfe einer N_2-Druckflasche, als auch Unterdrücke durch eine Vorvakuumpumpe (bis etwa 1 bar) ermöglicht. Die Druckmessung erfolgt mit einem kommerziellen Digitaldruckmanometer (RUSKA, Serie 6200) mit einer Auflösung besser als 1 mbar. Der Druck-Chuck ist aus Messing gefertigt, um eine hohe Wärmekapazität aufzuweisen und bei thermischen Messungen ein zeitliches Driften möglichst zu vermeiden.
Unter dem Druck-Chuck befindet sich ein heizbarer Temperaturtisch, der in einem Temperaturbereich von 0-150 °Celsius extern geregelt werden kann. Die Halterungen für die Drucksensor-Membranen (DUT = Device-Under-Test) wurden aus Aluminium, Messing und Edelstahl gefertigt, um auch unterschiedliche Temperaturausdehnungen untersuchen zu können. Die Abdichtung der Membranträger erfolgt mit Hilfe eines O-Rings aus Gummi.
Für die Kraftbeaufschlagung von Siliziumstrukturen stand neben der im Rahmen der Diplomarbeit von Müller erstellten Konstruktion {Mue92} zum Abschluss des BMFT-Verbundprojektes ein kommerzieller Kraftmessstand der Fa. MICOS zur Verfügung. Dieser ist mit einer Präzisionsreferenzkraftmessdose (Typ Q11, Fa. Hottinger Baldwin Messtechnik) ausgestattet und ermöglichte durch eine Motorsteuerung die automatisierte Aufnahme von Frequenz-Kraft-Kennlinien {Wag94}.
GitHub repositories
Grundlagen der Laser-Doppler-Vibrometrie
https://www.youtube.com/watch?v=zNAMPN4MbOc
Abbildung A: Messplatz zur experimentellen Charakterisierung mikromechanischer Strukturen
Verification by experimental measurement techniques
Vibration measurement in microsystems technology
In the BMFT (today BMBF) joint project “Frequency-Analog Sensors“, a wide range of optical vibration measurements were carried out on micromechanical pressure, force and flow sensors. These sensors usually consist of vibrating beam or membrane structures that are excited to vibrate electrothermally or by means of piezoelectric thin films.
The effect of external measured variables, e.g. pressurization in the case of membranes, changes the resonant frequency of the oscillator as a result of mechanical strength stiffening (i.e. the nonlinear behaviour of material) of the resonator. This frequency shift can be detected and is available as a frequency-analog output signal of the sensor.
Experimental measurement setup
Within the scope of the present work, experimental measurement setups for the metrological characterization of the static and dynamic behavior of micromechanical structures were designed and built. In order to be able to support the development process of micromechanically manufactured microresonators within the framework of the BMFT joint project also metrologically, it was necessary to investigate in particular not only the passive properties (resonant frequency, amplitudes, vibration qualities) of the microresonators made of silicon, but also the sensor effects and the disturbing influences, such as temperature or technologically induced stresses, which occur in multilayer structures.
The experimental data were used on the one hand to draw conclusions about technological process steps, and on the other hand to develop suitable FE models and to verify the numerical calculation results by experimental measurement.
Figure A shows a schematic sketch of the entire experimental measurement setup for characterizing micromechanical structures. The entire measuring set-up has a modular design and has been adapted and extended to the measuring tasks within the framework of various internship work and diploma theses. The measuring station consists of the optical detection method by means of a laser vibrometer, the mechanical application of pressure or force not shown here, a controllable temperature table and a PC data acquisition system, which enables computer-aided data acquisition and data storage via standardized HP-IB interfaces (IEEE488) {Diploma thesis Mue92}.
External excitation
Experimental possibilities had to be created to excite the microstructures to vibrate without a thin film system using external energy sources. For the low frequency range up to about 20 kHz, commercial electromagnetic vibration generators, such as the Brüel & Kjaer miniature vibration table (type B&K-4809), can be used. With the help of an electrical power amplifier (type B&K-2706) it was also possible to generate relatively large dynamic vibration amplitudes of a few micrometers for membrane structures. To excite high-frequency vibration modes, especially resonators of small dimensions (length = 2-3 mm), piezoceramics (PZT) were externally attached to acoustically excite the microstructures to vibrate via structure-borne sound.
It was important to note that both the type of sensor mounting and the vibrational behavior of the piezoceramics themselves can strongly influence the mode spectrum of the micromechanical resonators. Vibrating beam and diaphragm structures were investigated, both clamped in the overall wafer and individually. It was found that measurements on the overall wafer are unsuitable for quantitatively characterizing micromechanical structures, since vibration components of the piezoceramics, neighboring resonators and low-frequency wafer resonances overlap in the spectrum and cause mode coupling via nonlinear effects. In the course of the preliminary tests carried out, it was found that a broadband acoustic excitation of the microstructures up to several hundred kHz is ensured with the aid of commercially available PZT ceramics. In this way, resonance frequencies and vibration amplitudes, as well as harmonic spectra of micromechanical structures could be measured.
In the context of a diploma thesis {Braxmaier 92a} the effects of excitation and resonator support on the dynamic behavior of micromechanical membrane resonators were further investigated.
On the one hand, the silicon sensors were directly bonded to the piezoceramics, so that an ideally rigid coupling was realized and thus an optimal energy transfer was given. However, this method had the disadvantage that the silicon sensors could not subsequently be detached from the ceramic without causing damage. By construction of a universal clamping fixture for beam resonators {Braxmaier 92b} different force sensors could be measured and the influence of the clamping condition on the vibration quality and tested. However, with this type of resonator fixation, it was necessary to ensure that the mass and stiffness ratios of the mechanical mount and the silicon beam were chosen appropriately large, so that a superposition of the vibration modes in the amplitude spectrum does not occur and a sufficiently large separation of the mode contributions is achieved.
Optical scanning system
Natural frequencies and vibration modes were sampled interferometrically with a POLYTEC OFV1102 HR commercial laser vibrometer using the laser Doppler technique (Pol91). The laser vibrometer consists of a Mach-Zehnder interferometer and electronic signal processing, as schematically shown in Figure A.
With this device it is possible to detect bending vibrations out of the structural plane and to measure the velocity velocity v(t) or interferometrically the vibration amplitude A(t) by using the Doppler effect.
The operating frequency range of the laser vibrometer used extends from 0.1 Hz to a maximum of 1 MHz. The measuring ranges are 10E-6 up to 10 m/s for velocity measurements with a resolution of 0.5 µm/s and 10E-9 up to 10E-2 m for amplitude measurements. The resolution for amplitude measurement is a minimum of 8 nm due to the use of a high-resolution interference fringe counter. A detailed functional description of the laser vibrometer and its operating modes can be found in {Sel88} and {Lew90}.
The output signal of the laser vibrometer’s signal processing is optionally fed into a storage oscilloscope or a spectrum analyzer (HP3588A). The time signal A(t) on the oscilloscope is used to determine the absolute amplitudes, while the signal A(Ω) transformed into the frequency domain can be read out and further processed directly by the spectrum analyzer. For this purpose, a measurement and control program (HPMESS.EXE) was written under Turbo-Pascal 6.0 and a conversion program (TRANS.EXE), as well as a batch program (HPLO.BAT) for the documentation of the recorded spectra were created {Diploma thesis Mue92}.
The adjustment of the microstructures under the laser beam can be done with the help of an xy-stepper motor control. Furthermore, the fiber optic probe head is adjusted by means of mechanical micrometer screws. In addition, it is possible to contact the structures to be measured electrically via several probe needles {Sch93a}. The overall setup of the optical measuring station was carried out on a vibration-damped table in order to eliminate external disturbing influences, such as fan vibrations, footstep noises, etc., as far as possible.
Measurement of parameters
A special pressure chuck has been designed for pressurizing membranes, which allows overpressures (up to about 5 bar) by means of an N_2 pressure bottle, as well as underpressures by means of a backing pump (up to about 1 bar). The pressure is measured by a commercial digital pressure gauge (RUSKA, 6200 series) with a resolution better than 1 mbar. The pressure chuck is made of brass to have a high heat capacity and to avoid drifting over time as much as possible during thermal measurements.
Below the pressure chuck is a heatable temperature table that can be externally controlled within a temperature range of 0-150 °Celsius. The supports for the pressure sensor diaphragms (DUT = Device-Under-Test) were made of aluminum, brass and stainless steel in order to be able to investigate different temperature expansions. The membrane supports are sealed by means of a rubber O-ring.
For the force application of silicon structures, a commercial force measuring stand from the company MICOS was available in addition to the construction {Mue92} created within the framework of the diploma thesis of Müller at the end of the BMFT joint project. This is equipped with a precision reference load cell (type Q11, Fa. Hottinger Baldwin Messtechnik) and enabled the automated recording of frequency-force characteristics by means of a motor control {Wag94}.